Papst Johannes Paul II. besucht Berlin 1996

Der Papst zelebriert Messe über Campaton-Lautsprecher

Quelle: https://www.mz.de/deutschland-und-welt


Dessau/MZ. – Sie könnten in ihrem Wohnzimmer getrost spazieren gehen und würden dennoch von jedem beliebigen Punkt aus den gleichen, wohligen, unverfälschten Klangteppich spüren.

Das Geheimnis dieser „Freiheit des Hörens“, wie eine Werbeschrift überschwänglich verkündet, ist einem raffinierten akkustischen Bauprinzip zu verdanken. Während herkömmliche Boxen die Töne keulenartig, in eine Richtung abstrahlen, geschieht das bei den Klangsäulen rundum gleichförmig. Zwei Doppelkegel, am oberen Ausgang der Kunststoff-Röhren angebracht, bewirken diesen Effekt. Geistiger Vater des Prinzips ist Rudolf Mechow, ein Elektronik-Ingenieur aus der Altmark, der schon seit Jahrzehnten mit der Tonwiedergabe experimentiert hatte. Mit seinem Doppelkegel bewirkte er, dass sich der Schall, wie in der Natur, kugelförmig ausbreitet. Das Ergebnis ist selbst für Experten verblüffend.

Der Zuhörer erlebe „ein völlig anderes Raumgefühl als bei herkömmlichen Lautsprechersystemen“, zeigte sich der Berliner Film- und Fernsehkomponist Günther Fischer fasziniert. Man könne sich im Raum bewegen, ohne dass der Stereoeindruck verloren gehe.

Auch der gelernte Nachrichtentechniker Grünwoldt zeigte sich von der neuen Hi-Fi-Variante angetan. Der Dessauer hatte bis 1989 Wirtschaftswissenschaftenin Weimar studiert. Wie damals üblich, wurdeer anschließend in ein Kombinat „delegiert“. Doch noch ehe er im Zementkombinat Dessau „richtig warm geworden“ war, kam die Wende. Der junge Mann beschloss, sich mit einem Geschäftfür Hi-Fi-Technik selbstständig zu machen. In diesem Laden sprach eines Tages ein gewisser Herr Mechow vor, um den Prototyp seiner Klangsäule vorzuführen.

Rudolf Mechow

Auch wenn dieser Erstling von Design und Ausführung her alles andere als verkaufsfähig war, „die eigentliche Idee“ überzeugte Grünwoldt. Er machte sein Geschäft zu und tat sich mit Mechow zusammen. 1995, nachdem die Erfindung patentiert wurde, begann die Produktion. Allerdings war den Partnern von Anfang an klar, dass ihre Klangsäulen nicht dazu geeignet waren, in Ketten wie dem Media-Markt verkauft zuwerden. Ihre Spezialität setzt viel Handarbeit voraus. Mit industrieller Fertigung wäre der sensible Charakter der Klangsäulen, der erst ihre exzellente Qualität ausmacht, nicht zuhalten. So sind denn die Geräte – für das Paar muss man schon zwei oder drei Tausender hinblättern – etwas für absolute Profis oderfür Leute, die es gern etwas gehobener mögen.

Inzwischen zog sich Mechow – auch gesundheitsbedingt – aus dem Geschäft zurück. Sein Partner hat ihm Material und Rechte abgekauft und in Dessau eine eigene Produktion aufgezogen. Das Fünf-Mann-Unternehmen findet mit seinen Produkten im wahrsten Sinne des Wortes Anklang am Markt. Rund 750 Paar Säulen pro Jahr werden verkauft. Sogar bis nach Südamerika. Gut 70 Prozent der Geräte, die einen Sound wie im Gewandhaus oder Kölner Dom vermitteln, kommen nach Angaben des Phönix-Chefs „im Home-Bereich“ zu Einsatz. Für die Referenzliste gut sind die anderen abgesetzten Erzeugnisse. Zu den Objekten, die mit Phönix-Klangsäulen beschallt werden, gehören das Sportstudio des Bayrischen Fernsehens, das Haus der Musik in Wien, der Referenzsaal der Wiener Philarmoniker oder der Hörsaal des Max-Planck-Instituts in Stuttgart.

Aber auch die Veranstalter großer Ereignisse wie das Open-Air-Festival in Barcelona setzen auf Phönix-Systeme, um ihren Besuchern maximalen Hör-Genuss zu vermitteln. Als 1996 der Papst eine Messe im Berliner Olympiastadion zelebrierte, war den Organisatoren klar, dass die Lautsprecher-Anlage dieser Sportstätte nun wirklich nicht dazu taugt, Predigt und liturgische Gesänge in gebotener Würde zu übertragen. Die Phönix-Experten zeigten auch bei diesem Einsatz, was sie können. Die 26 Klangsäulen, die sie im weiten Rund aufstellten, sorgten dafür, dass die einmalige Veranstaltung im wahrsten Sinne des Wortes, ohne Misstöne über die Bühne ging.


Von: Frank Zimnol | Aktualisiert: 28.10.2001, 17:53 Uhr

Quelle: https://www.mz.de


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